Franz Sölkner:Warum nicht ein Österreich ohne Heer?

Sicherheit ist ein Grundbedürfnis. Sie ist aber auch zweischneidig. In sich trägt sie zwei Gefahren: Die  Sucht nach immer noch mehr von ihr und die Versuchung unsere  Friedensfähigkeit verkümmern zu lassen. Die USA, die höchstgerüstete Macht der Welt und zugleich ein friedenspolitischer Zwerg ist dafür ein anschauliches Beispiel.

Angesichts wachsender sozialen Spannungen in der EU darf man auch in Europa an einer dauerhaften Binnenbefriedung zweifeln.  Klar sichtbar ist die Tendenz zum Aufbau eines EU-Imperiums mit wirtschaftspolitisch neokolonialen Zielen. Eine kriegsfähige Militärmacht soll diese Interessen in Asien und Afrika absichern. Die herrschenden Eliten unseres Landes wollen bei dieser Entwicklung dabei sein. Der Ruf nach einem effizienten Berufsheer fügt sich in diese Logik.

Die bei der kommenden Volksbefragung vom 20. Jänner ausschließlich zur Wahl stehenden Alternativen „Wehrpflicht oder Berufsheer“  charakterisieren die Flachheit der aktuellen Sicherheitspolitik. Unsere besondere geopolitische Situation und der neutrale Status böte uns einen weit darüber hinausgehende Spielraum. Anstatt ihn entschlossen zu nutzen, führt die gegenwärtige Debatte zur weiteren friedenspolitischen Inaktivität.

Schon in den letzten 20 Jahren war das sichtbar. Wo etwa blieben die mutigen außenpolitischen Initiativen der Nahostpolitik Kreiskys?  Wo die nötigen Anstrengungen zu einer Reform der UNO, der wir dann als glaubwürdiger „Weltordnungsmacht“, auch Soldaten zur Verfügung stellen könnten? Wo der Aufbau international einsetzbarer ziviler Friedensdienste? Wo die Bemühung,  unseren Beitrag  zur Entwicklungspolitik auf die von der OECD geforderten 0,7 % BIP anzuheben? Usw.

Was ein Land ohne Armee zum Frieden beitragen kann, zeigte Costa Rica im Mittelamerika-Friedensprozess der 1980er Jahre. 1949 schaffte der Kleinstaat  die Armee ab und investierte stattdessen in das Bildungs- und Gesundheitswesen. Dies führte mit zu einem relativen Wohlstand, der sich auch im Prädikat ausdrückt „die Schweiz Lateinamerikas“ zu sein.  Und eben weil es nicht militarisiert war, unternahm das Land große politische Anstrengungen um seine Nachbarschaft nach dem Sturz der Somoza-Diktatur in Nicaragua (1979) zu befrieden. Zu Recht wurde dieses erfolgreiche Unternehmen  nach dem Präsidenten von Costa Rica, „Arias-Sanchez-Plan“ genannt.

Die erwünschte Binnenpazifizierung Europas darf nicht mit einer zunehmenden Aussenaggression erkauft werden! Beim neokolonialen Projekt  eines militarisierten Europäischen Imperiums sollen  wir weder mit einem Berufsheer noch mit einer Wehrpflichtarmee dabei sein.

Franz Sölkner ist Aktivist der Steirischen Friedensplattform und Mitglied von Pax Christi.

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