»Israel Firsters« in den USA in der Defensive

Propagandisten eines Krieges gegen Iran bekommen immer mehr Gegenwind
Von Rainer Rupp
In den vergangenen Wochen ist dem außenpolitischen Establishments der USA bewußt geworden, daß die reale Möglichkeit besteht, in einen von Israel initiierten Krieg mit Iran verwickelt zu werden. Das gab Anlaß zu etlichen entspannenden Stellungsnahmen in der Presse, die so gut wie nicht wahrgenommen wurden. Selbst viele eingefleischte »liberale Falken« sprechen sich mittlerweile entschieden gegen eine militärische Konfrontation mit Teheran aus und mahnen zur Mäßigung. Hatten sie noch vor zehn Jahren an vorderster Medienfront – gemeinsam mit den neokonservativen »Israel Firsters« und der geballten Macht der prozionistischen Lobby in den USA – die amerikanische Bevölkerung erfolgreich für den verbrecherischen Angriffskrieg gegen Irak mobilisiert, so stellen sie sich heute gegen die Pläne, GIs für Israel in den Krieg zu schicken. Darüber wird derzeit im Internet und in einschlägigen US-Fachmedien eine knallharte Auseinandersetzung geführt, wobei die Apologeten der israelischen Rechtsaußenregierung Benjamin Netanjahus immer mehr in die Bredouille kommen.

In Israel verfolgt man diese Entwicklung mit großer Sorge. Dabei rückt insbesondere die Tatsache ins Blickfeld, daß sich US-Amerikaner als zionistische Falken und Propagandisten für einen US-Angriff gegen Iran hervortun. Als »Israel Firsters« werden sie nun öffentlich beschuldigt, aus Loyalität für Israel die Interessen der Vereinigten Staaten hintanzustellen. Im Gegenzug versuchen die Zionisten in den USA und Israel, ihre Kritiker mit Antisemitismusvorwürfen einzuschüchtern, was aber zum ersten Mal nicht zu funktionieren scheint.

Hat sich etwa in der »amerikanischen Israel-Debatte das Blatt gewendet«, wie der US-Neokon James Kirchick im vergangenen Monat in der linksliberalen israelischen Tageszeitung Haaretz lamentierte? Kritiker könnten inzwischen ungestraft prozionistischen US-Bürgern vorwerfen, »Israel Firsters« zu sein, also bereit zu sein, für Israels Ziele amerikanische Soldaten und Ressourcen zu opfern. Die »Israel Firsters«-Debatte zeige, »wie sehr die Rhetorik antisemitischer Rassisten bereits im Diskurs der Mitte der US-Gesellschaft angekommen« sei, so Kirchick weiter.

Diese Woche verteidigte dagegen die antizionistische, amerikanisch-israelische Journalistin Mairav Zonszein in der gleichen Zeitung den Gebrauch des Ausdrucks »Israel Firsters«. Vor dem Hintergrund »jahrzehntelanger, rechtsextremer, amerikanisch-jüdischer Rhetorik, die weitgehend jede Kritik an der israelische Politik zum Schweigen gebracht« habe, stelle er recht gut dar, »wie sehr Israel in der US-Politik Uneinigkeit stiftet«. Als Beweis dafür können die derzeitigen Ergüsse der republikanischen Präsidentschaftskandidaten dienen. Mit Ausnahme von Ron Paul übertreffen sie sich gegenseitig mit Kriegsdrohungen gegen Iran, um gegenüber christlichen Fundamentalisten und jüdischen Wählern/Spendern ihre Liebe zu Israel zu bekunden. Dennoch ist auch ihnen bisher nicht gelungen, die US-Bevölkerung für einen Krieg zu mobilisieren.

Die Paukenschläge für einen Regimewechsel, mit denen die neokonservativen Lobbygruppen wie das Amerikanische Enterprise Institute (AEI) und die Stiftung für die Verteidigung der Demokratien (FDD) die Kriegsbegeisterung gegen Iran schüren wollen, verhallen derzeit weitgehend ungehört. Dies ist zu einem nicht geringen Teil dem Erfolg der Kampagne gegen die »Israel Firsters« und der überraschenden Wandlung der liberalen Falken zu verdanken, die im Fall Iran zu Tauben geworden sind.

04.02.2012

http://www.jungewelt.de/2012/02-04/055.php

Kommentieren

Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.