Mohammed Mursi kann es nicht recht machen

von Helga Suleiman

Dass dieser Mann eine schwere Aufgabe übernommen hat, sieht, wer es sehen will. In den westlichen Medien will das niemand.

Die Bürgerlichen unter ihnen sind froh, wenn das islamische Experiment scheitert, bevor es begonnen hat und die Linken haben es schon immer besser gewusst.

Alle freuen sich, dass die Regierung der Muslimbrüder in Ägypten kurz vor dem Zusammenbruch steht.

Aber man freut sich zu früh.

Niemand fragt, was danach kommt:  Eine Situation wie in Syrien?

Massenflucht Richtung EU, wegen Krieg und Hungersnot?

Eine Militärintervention der NATO?

Das könnte mehreren gut passen. Ein Ägypten unter westlicher Direktive, Scheinsicherheit für ein Israel, das weiterhin ungehindert PalästinenserInnen aushungern und unterdrücken kann, Waffenverkäufe an eine Marionettenregierung, Zäune und Lager am Mittelmeer gegen die Einwanderung Richtung EU, Billigstlohnkräfte für die marode EU-Industrie, Sprungbrett für rohstoffhungrige Konzerne und Militärs nach Afrika und darüber hinaus zur Machtsicherung auf Jahrzehnte.

Was den einen die Träume von Eroberungen und Profiten, sind den anderen die Projektionen eines imaginierten Antikapitalismus, dem die Menschen außerhalb EUropas auf der Stelle folgen sollen.

Der eurozentrische Blick besticht durch seine Kurzsichtigkeit und bekannte Arroganz. Geblendet vom Ideal und seinen Projektionen in die „Jugend des Tahrir“, sieht man, was man sehen will.

Vergessen ist schnell,

…dass die Partei der Muslimbrüder durch demokratische Wahlen zum Zug (denn Macht kann man es nicht nennen) gekommen ist

…dass die Tatsache eines Regimesturzes bedeutet, dass es zu Hauf Leute in diversen Positionen gibt, die ihre Sessel halten und damit beschäftigt sind der Regierung Prügel zwischen die zu Beine werfen

…dass die Brüchigkeit der Situation ein gewisses Maß an Bündnispolitik notwendig macht, um einem Bürgerkrieg entgegenzuarbeiten

…dass Ägypten in höchstem Ausmaß von ausländischen Subventionen abhängig ist

…dass das Land keinen einzigen Bündnispartner in der Region hat

…dass es unmöglich ist, unter solchen Umständen Arbeitsplätze zu schaffen oder Bildungs- und Sozialausgaben zu erhöhen

Mursi, als das Gesicht der Verantwortlichen, hatte genug damit zu tun, dem Volk die Versorgung mit dem Wichtigsten, d.h. Weizen fürs tägliche Brot, zu sichern und einen Militärputsch bzw. Aufstände zu verhindern.

Fast hätte er es geschafft, aber zu mächtig sind die Gegner.

Ein vom Westen protegierter Baradei will keine Gespräche am Runden Tisch. Er tut sich leicht, weiß er doch, wer hinter ihm steht.

Für Sicherheit zu sorgen ist ebenfalls unmöglich: Schickt Mursi das Militär, wird er zum Diktator gestempelt. Schickt er es nicht, wird ihm völliges Versagen und Schuld an den Opfern vorgeworfen.

Zumindest hier in Europa kann er es niemandem recht machen.

Ob es die Mehrheit der ÄgypterInnen anders sieht?

Anzunehmen, denn sie stehen nach wie vor hinter ihm.

Kommentar vom 29.1.2013

Kommentieren

Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.