US-Operation gegen Extremisten in Somalia
Über Details des Luftangriffs schweigt Washington *
Ein Treffen ranghoher Extremisten im Süden Somalias könnte das Ziel eines US-Luftangriffs geworden sein. Washington äußerte sich zunächst nicht zu Einzelheiten.
Bei einem mutmaßlichen US-Drohnenangriff gegen Anführer der radikal-islamischen Al-Shabaab-Miliz sind mehrere Menschen im Süden Somalias getötet worden. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus somalischen Sicherheitskreisen.
Der Raketenangriff galt demnach Al-Shabaab-Anführer Ahmed Abdi Godane sowie Kommandeuren der Miliz . Ob Godane noch am Leben ist, bleib zunächst unklar.
Pentagon-Sprecher John Kirby hatte von einem nicht näher bezeichneten Einsatz der US-Streitkräfte in dem Land berichtet. Details zu dem Militäreinsatz vom Montag wurden dabei nicht genannt. »Wir werten die Ergebnisse dieser Operation aus und werden zur gegebenen Zeit weitere Informationen geben«, sagte Kirby.
Godane und andere Kommandeure der Miliz seien in dem angegriffenen Gebiet zu einem Treffen zusammengekommen, sagte der Gouverneur der Provinz Lower Shabelle, Abdulqadir Mohamed Nor Sidii. Glaubwürdige Geheimdienstberichte hätten nahegelegt, dass sich Ahmed Abdi Godane mit seinen höchsten Beratern sowie Kommandeuren zum Zeitpunkt des Angriffs in einem Versteck zwischen den Dörfern Sablaale und Dheytubako aufgehalten habe.
»US-Drohnen haben mehrere Raketen auf Verstecke der Extremisten in den Dörfern Sablaale, Hawai und Dheytubako nahe der Stadt Barawe abgefeuert«, sagte ein ranghoher somalischer Sicherheitsbeamter, der anonym bleiben wollte. Mehrere Mitglieder der Al-Shabaab seien während eines Treffens getötet oder verletzt worden.
Ein Bewohner von Sablaale berichtete von »gewaltigen Explosionen«, »einem großen Feuer« sowie »dichtem Rauch außerhalb unseres Dorfes in der vergangenen Nacht«.
Erst am Wochenende hatten somalische Regierungstruppen und Soldaten der Afrikanischen Union eine Offensive gegen die Islamisten begonnen. »Diese Operation wird fortgeführt bis wir Al-Shabaab eliminiert haben«, kündigte ein Sprecher der somalischen Streitkräfte am Dienstag an.
Unterdessen hat ein des Terrorismus angeklagter Franzose einem Pressebericht zufolge vor einem Brüsseler Gericht die Tötung von »mindestens dreißig« Menschen in Somalia gestanden. Rachid B. habe angegeben, die Opfer in einem Hinterhalt getötet zu haben, als er an der Seite der islamistischen Shabaab-Milizen kämpfte, führte der Strafgerichtshof in der belgischen Hauptstadt am Dienstag laut Agentur Belga aus.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch 3. September 2014
Geheimer Einsatz
120 US-Soldaten und eine unbekannte Zahl von CIA-Agenten sind am somalischen Bürgerkrieg beteiligt. Auch Kenia und Äthiopien kämpfen dort um Einfluß
Von Knut Mellenthin *
Die USA haben offenbar erheblich mehr Militärpersonal in Somalia stationiert als bisher bekannt war. Einem ausführlichen Bericht zufolge, den die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch veröffentlichte, handelt es sich um bis zu 120 Männer und Frauen. Die Agentur beruft sich für diese Angabe auf anonyme »US-Offizielle«.
Zuletzt hatte Wendy Sherman, Staatssekretärin im US-Außenministerium, am 3. Juni in einem Vortrag am US-amerikanischen »Institute of Peace« unbestimmt von einem »kleinen Kontingent« gesprochen, zu dem auch einige Angehörige der Spezialeinheiten gehörten. In der Vergangenheit habe deren Aufgabe hauptsächlich darin bestanden, die internationale afrikanische Interventionstruppe AMISOM zu beraten und mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zu versorgen. Jetzt habe das US-Militärpersonal begonnen, auch mit den somalischen Streitkräften zusammenzuarbeiten. Unter anderem unterstützen die USA nach Shermans Darstellung die Ausbildung einer 150 Mann starken somalischen Spezialeinheit.
Zuvor hatte das Pentagon im Januar mitgeteilt, die USA hätten »ein kleines Team uniformierter Militärberater« in Somalia stationiert. Ein Sprecher behauptete damals, die Gruppe sei »winzig« und bestünde nur aus drei Personen. Sie sei seit Dezember 2013 im Land. Ihre Aufgabe sei es, der AMISOM und den somalischen Streitkräften »logistische, planerische und kommunikationstechnische Unterstützung« im Kampf gegen islamistische Aufständische zu leisten. Es sei die erste Stationierung US-amerikanischen Militärpersonals in Somalia seit dem hastigen Abbruch der internationalen Militärintervention 1993. Damals waren 18 US-Soldaten nach dem Abschuß zweier Kampfhubschrauber getötet worden. US-Truppen hatten zuvor ein Massaker unter der somalischen Zivilbevölkerung angerichtet.
Aus dem an Mittwoch erschienenen Reuters-Bericht geht hervor, daß in Wirklichkeit nicht erst seit Ende vorigen Jahres, sondern bereits seit 2007 wieder Angehörige der US-Streitkräfte in Somalia tätig sind. In jenem Jahr begann der Einsatz von AMISOM, damals mit wenigen tausend Mann aus Uganda und Burundi. Gegenwärtig ist die Truppe rund 22000 Mann stark. Hinzugekommen sind Soldaten aus Kenia, Sierra Leone, Dschibuti und Äthiopien. Die kenianischen und äthiopischen Einheiten unterstehen dem AMISOM-Oberkommando allerdings nur nominell. In Wirklichkeit führen die Soldaten aus den beiden Nachbarländern in Somalia Krieg auf eigene Faust, rekrutieren Milizen aus Einheimischen und konsolidieren Einflußzonen auf somalischem Territorium.
Wie sich die angeblich rund 120 US-amerikanischen Militärpersonen zusammensetzen, wo sie genau stationiert sind und was sie dort machen, wird auch aus dem Reuters-Bericht nicht deutlich. Ihre Aufgabe wird nur allgemein mit »Berater und Ausbilder« beschrieben, und es wird hervorgehoben, daß sie nicht an Kämpfen beteiligt seien. Daß sich daneben schon seit vielen Jahren auch eine unbekannte Zahl von CIA-Agenten in Somalia befindet, wird nur angedeutet.
Unerwähnt bleiben bei Reuters außerdem die Kosten dieser Einsätze. Wendy Sherman sagte im Juni, daß die USA seit 2007 mehr als 500 Millionen Dollar für Ausbildung, Ausrüstung und logistische Unterstützung von AMISOM ausgegeben haben. Die Rekrutierung und Ausbildung somalischer Streitkräfte haben sich die USA »in den letzten Jahren« laut Sherman mehr als 170 Millionen Dollar kosten lassen. Das ist, verglichen mit der Militärhilfe für andere afrikanische Staaten, ein außergewöhnlich hoher Betrag.
* Aus: junge Welt, Samstag 5. Juli 2014
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