Artikel der AG Friedensforschung: NATO, illegitimes Kind des 2. Weltkriegs, 02.10.2008 (Friedensratschlag)

Ein Essay. Von Peter Strutynski *

Die Ratlosigkeit der Militärs, Rüstungslobbyisten und Sicherheitspolitiker nach dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989/91 war von erstaunlich kurzer Dauer. Nachdem der äußere Feind nicht nur abhanden gekommen war, sondern sich teilweise sogar zu einem Verbündeten wandelte, erfand sich die NATO neu: 40 Jahre lang als militärisches Bollwerk gegen den vermeintlich aggressiven Kommunismus in Gestalt des Warschauer Pakts unter Führung der atomaren Supermacht Sowjetunion waren mit dem Mauerfall 1989 und – 1991 – der Auflösung von UdSSR und Warschauer Vertrag unwiderruflich zu Ende. An die Stelle militärischer Bedrohung mussten nun – aus einer Art Selbsterhaltungstrieb des Militärs heraus – neue Arten von Bedrohungen und Risiken konstruiert werden, die eine Aufrechterhaltung des militärisch-industriellen Komplexes rechtfertigten. Dies gelang der NATO auf kreative Weise. Ob es um die Bevölkerungs“explosion“ in der Dritten Welt ging oder um das Weltklima und die dünner werdende Ozonschicht, um Armut, Verelendung und Migrationsströme (aus dem „Süden“) oder um Engpässe im weltweiten Nahrungsmitteldargebot, um Energieknappheit oder schwer zugängliche andere Ressourcen: Für all diese offenkundig nicht militärischen Risiken erklärte sich die NATO zuständig. Das Zauberwort, von dem sich damals auch die Friedensforschung infizieren ließ, hieß „erweiterter Sicherheitsbegriff“.

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