Offener Brief an die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) – Open Letter to the Communist Party of Austria
Sehr verstört zeigte sich eine Gruppe jüdischer KommunistInnen über den allzu freundlichen Empfang den unsere Bürgermeisterin Elke Kahr mitten im Massaker an der Zivilbevölkerung des Gaza dem Israelischen Botschafter David Roet bereitete: https://judeobolschewienerinnen.wordpress.com/
Hier der offene Brief der Judeobolschewienerinnen:
An die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)
Liebe Genoss*innen,
Wir sind unendlich dankbar für die Rolle, die Eure Partei in der Zwischenkriegszeit und in der Zeit des Nationalsozialismus gespielt hat, als sie im Widerstand gegen die Nazis aktiv war und Jüd*innen eine politische Heimat bot. Während alle anderen Parteien jüdische Menschen ans Messer lieferten, hat die KPÖ die Prinzipien der Solidarität und des Internationalismus gelebt. Wir ehren das Opfer der Genoss*innen, die im Kampf gegen den Faschismus alles gegeben haben, und von denen nicht wenige selbst jüdischer Herkunft waren. Wir bitten Euch, dieses Vermächtnis heute fortzusetzen, indem Ihr euch an die Seite einer anderen Gruppe von Menschen stellt, die heute einem Völkermord ausgesetzt ist, der von der – nie wirklich entnazifizierten – deutschen und österreichischen Regierung unterstützt und ermöglicht wird: der palästinensischen Bevölkerung.
Wir und viele KPÖ-Mitglieder, mit denen wir in Kontakt stehen, waren sehr verstört über die Nachricht vom Treffen der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr mit dem israelischen Botschafters David Roet – einem Mann, der sich in den österreichischen Medien mehrfach für die kollektive Bestrafung der Palästinenser*innen ausgesprochen hat und die israelische Stromblockade1 sowie die österreichische Einfrierung von Hilfszahlungen in die besetzten Gebieten2 befürwortet. Wir verstehen zwar, dass es ein diplomatisches Protokoll gibt, an das sich Beamte wie Kahr zu halten haben. Dennoch ist es schlicht inakzeptabel, mit den Vertreter*innen eines Staates, der derzeit einen Völkermord begeht, wie gewohnt weiterzumachen. Damit wird einem illegitimen Regime Legitimität verliehen. Selbst ein bloßer Händedruck ist eine schwere Beleidigung für diejenigen, die derzeit unter Bombardierungen, Hunger, Folter und vielem mehr durch die israelischen Besatzungstruppen leiden.
Wir sind auch dankbar, dass Ihr zu einem Waffenstillstand aufgerufen habt, wozu bisher nur wenige andere Parteien in Österreich den Mut hatten. Es reicht aber nicht aus, die Gewalt auf beiden Seiten zu verurteilen, wenn die überwiegende Mehrheit der Gewaltakte durch eine Seite begangen wird. Es ist unsere Pflicht, uns klar und kompromisslos auf die Seite der Arbeiterklasse und von unterdrückten Menschen weltweit zu stellen. Deshalb fordern wir, dass Eure Partei:
- Sich auf allen Ebenen zu Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel bekennt und sich auf allen Ebenen in Österreich und in der EU für deren Einführung einsetzt.
- BDS sofort intern umsetzt und sicherstellt, dass die Partei keine Geschäfte mit boykottierten Unternehmen macht.
- Die Diffamierung und Kriminalisierung der Palästina-Solidaritätsbewegung in Österreich verurteilt, beispielsweise das Verbot des Slogans “From the River to the Sea” (Vom Jordan bis zum Mittelmeer).
- Die Gleichsetzung von Antizionismus und Antisemitismus ablehnt, die letztlich selbst antisemitisch ist, weil sie den Staat Israel mit allen jüdischen Menschen gleichsetzt. Dazu zählt etwa die IHRA-Definition von Antisemitismus, die dazu dient legitime Kritik an Israel zu kriminalisieren und zu zensieren.
Durch ihre Wahlerfolge in den letzten Jahren hat die KPÖ sozialistische und kommunistische Parteien in aller Welt inspiriert und einen starken internationalen Ruf aufgebaut. Für uns als Linke in Österreich ist das ermutigend. Wir glauben, dass es eine Tragödie wäre, wenn die Partei diesen Ruf nun opfern würde, indem sie sich weigert, eine starke Position der Solidarität mit Palästina einzunehmen. Die KPÖ kann auf eine lange und stolze Geschichte der lautstarken Unterstützung der palästinensischen Befreiung zurückblicken,3 und wir sehen keinen Grund, warum dies nicht fortgesetzt werden sollte.
Solidarische Grüße
Judeobolschewiener*innen
1https://www.diepresse.com/17737115/der-gazastreifen-ein-gefaengnis-fake-news-sagt-der-israelische-botschafter-in-oesterreich
2https://www.derstandard.at/story/3000000200866/israels-botschafter-wenn-die-eu-nicht-zu-ihren-werten-steht-ist-sie-kein-objektiver-partner
3 Siehe etwa https://alte.kpoe.at/bund/international/palaestina/palscreenopti1.pdf; https://alte.kpoe.at/bund/international/no-erkl-linke.htm.
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