Auf den Spuren des christlichen Widerstandes-Bericht über unsere Radtour

Unter dem Leitgedanken, dass jeder ernsthafte Nachfolge Christi  ein Ruf in die Praxis ist, organisierte Pax Christi Steiermark eine herbstliche Radtour zu Grazer Gedenkstätten des christlichen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Auch AktivistInnen der Steirischen Friedensplattform nahmen daran teil.

Alle Orte, die wir aufsuchten, waren Menschen gewidmet, die einen Teil ihres Lebens in Graz verbrachten. Die Stationen im Einzelnen:

  • Maria Stromberger-Gasse: Diese Gasse wurde erst im Februar 2024 umbenannt. Vorher hieß sie Ottokar Kernstock Gasse. Diese Umbenennung ist zugleich ein Indiz dafür, dass gläubige Weltanschauungen unter dem Einfluß anderer Traditionen sehr unterschiedliche Richtungen nehmen können. Der Dichter, Priester und Augustiner-Chorherr Kernstock war vom deutschnational-antislowenischen Volkstumskampf seiner Herkunft in der Untersteiermark geprägt. Er geriet in den Sog des Nationalsozialismus  und verfasste 1923 das „Hakenkreuzlied“. Ganz anders Maria Stromberger. Sie erfuhr während des Krieges vom Leid im KZ Auschwitz und ließ sich, in der Hoffnung, dieses Leid mildern zu können, als Krankenschwester dorthin versetzen und kam auch in den Kontakt mit dem politisch aktiven Widerstand. Maria Stromberger überlebte und bekam nach dem Krieg den Beinamen „Engel von Ausschwitz“.
  • Kapistran Pieller Platz: Der Priester des Franziskanerordens gehörte der christlich-konservativen Widerstandsgruppe „Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs“ an. Wegen Verbreitung von wehrkraftzersetzenden Flugblättern wurde er am 15. April 1945 in  Stein an der Donau hingerichtet.
  • Max Josef Metzger: An ihn erinnern eine Tafel am Karmeliterplatz und ein Stolperstein bei der Kirche Ulrichsbrunn in Graz-Andritz. Metzger war katholischer Priester. Aufgrund seiner Erfahrungen als Divisionspfarrer und seiner Verwundung im 1. Weltkrieg wurde er Pazifist. Er war auch ein früher Wegbereiter der Ökumene. Er gründete einen „Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz“. Pazifismus, Ökumene und seine lebensreformerischen Initiativen (etwa gegen den Alkoholmißbrauch) bescherten ihm wiederholt Konflikte auch mit seiner Kirche. Die Kirche Ulrichsbrunn wurde der Sitz des von Metzgers gegründeten Christkönigsgesellschaft, den er später nach meitingen in Bayern verlegte. Auch war er in der Una-Sancta-Bewegung aktiv. Von einer dort eingschleusten Spitzelin verraten, wurde er vom Volksgerichtshof wegen Hochverrat und Feindbegünstigung zu Tode verurteilt und am 17. April 1944 in der Strafanstalt Brandenburg-Görden hingerichtet. Im März 2024 erfolgte die Seligsprechung Metzgers durch Papst Franziskus. Als katholischer Gedenktag  wurde Metzgers Hinrichtungstag festgelegt.
  • Johannes Ude-Gasse in Graz-Andritz: Ude war katholischer Priester, vierfach promovierter Akademiker und Univ.Prof. an der Theologischen Fakultät der Universität Graz. Er lebte eine sittenstrenge,  umfassend lebensreformerischen Weltanschauung. Aufgrund des Gleichklangs ihrer Überzeugungen holte Ude Metzger nach Graz. Seine auch parteipolitische Tätigkeit im Sinne eines christlichen Sozialismus,  brachte ihn in der Zwischenkriegszeit wiederholt in schwere Konflikt mit seiner Kirche  und der Christlichsozialen Partei. Trotz seines Pazifismus, ließ er sich vor dem Anschluß Österreichs als Pro-Redner einspannen, brach aber nach der Reichsprogromnacht (9./10.  Nov. 1938) schlagartig mit dem Nationalsozialismus. Als Seelsorger nach Grundlsee versetzt kam er in Kontakt mit der Ausseer Wiederstandsbewegung. Er kam Ende 1944 in Wels in Gestapo-Haft und wurde wegen Feindbegünstigung  und Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt. Der Hinrichtung  kam das Kriegsende zuvor. Da die Hinrichtung nicht sofort vollzogen wurde, wird vermutet, dass der steirische Gauleiter Sigfried Uiberreither, der ihn als Person geschätzt haben soll, hier schützend gewirkt hat.
  • Die verbundenen Stolpersteine für Michael Lerpscher, Josef Ruf und Max Josef Metzger bei der Wallfahrtskirche Ulrichsbrunn in Graz-Andritz. Michael Lerpscher war Laienbruder der Christkönigsgesellschaft. Er arbeitet in der Landwirtschaft der Kirche Ulrichsbrunn. Nach der Einberufung zur Wehrmacht in Graz, verweigerte er den Kriegsdienst. Er wurde am 5. Sept. 1940 im Zuchthaus Brandenburg-Görden wegen Wehrkraftzersetzung per Fallbeil hingerichtet. Josef Ruf war zunächst Bruder des Franziskanerordens, trat dann zu Metzgers Missionsgesellschaft über und betreute die Kirche Ulrichsbrunn. Nach der Einberufung zur Wehrmacht verweigerte er den Fahneneid auf Hitler. Am 10. Okt. 1940 wurde er im Zuchthaus Brandenburg-Görden wegen Wehrkraftzersetzung durch das Fallbeil hingerichtet.

Franz Sölkner

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