Chomsky zum Iran-Streit: „Atomwaffenfreie Zone ist keine Utopie“

Der Atomstreit um den Iran könnte durch die Einrichtung einer kernwaffenfreien Zone in der Region geregelt werden. Das sagte MIT-Professor Noam Chomsky im Interview mit STIMME RUSSLANDS. Er sprach über Obamas Ziele und Amerikas neue Waffen.

30.01.2013, 15:36
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лингвист Ноам Хомский

Foto: EPA

Der Atomstreit um den Iran könnte durch die Einrichtung einer kernwaffenfreien Zone in der Region geregelt werden. Das sagte MIT-Professor Noam Chomsky im Interview mit STIMME RUSSLANDS. Er sprach über Obamas Ziele und Amerikas neue Waffen.

Manche Experten sagen, Barack Obama wolle sich mehr auf die Innenpolitik konzentrieren. Deswegen sollen die außenpolitischen Probleme aus seiner ersten Amtszeit nun in den Hintergrund rücken. Sind Sie mit dieser Behauptung einverstanden?

„Aus meiner Sicht hat Obama auch während seiner ersten Amtszeit mehr auf die Innenpolitik konzentriert. Als er an die Macht kam, steckte das Land tief in der Rezession. Dringende Maßnahmen waren nötig, um die Lage zu verbessern. Ich denke, diese Probleme bleiben für ihn vorrangig. In Sachen Außenpolitik bleibt vor allem das Problem Iran im Mittelpunkt. Das war übrigens fast der einzige Stein des Anstoßes bei Obamas Debatte gegen Romney.

Selbst bei einer realen Kriegsgefahr gibt es einen viel plausibleren Weg, auf die möglichen iranischen Atomwaffen-Projekte zu reagieren. Der Westen ist über dieses Problem mehr besorgt als der Rest der Welt, insbesondere die arabischen Länder. Eine Lösung könnte darin bestehen, eine atomwaffenfreie Zone in der Region zu schaffen. Das ist keine Utopie: Die ganze Welt unterstützt diese Idee, darunter auch arabische Staaten. Im Gegensatz zu George W. Bush hat Obama bestätigt, dass dies im Interesse der USA läge.

Im Dezember war eine Konferenz in Helsinki geplant, wobei diese Frage auf der Tagesordnung stand. Der Iran bestätigte im November seine Teilnahme, Israel wollte aber nicht mitmachen. Wenige Tage vor dem Auftakt sagte Obama die Konferenz ab. Die US-Presse hat das natürlich totgeschwiegen. Wenn man aber wirklich über mögliche iranische Atomwaffen so besorgt ist und wenn es wirklich um eine Gefahr für die ganze Welt geht, wie man behauptet, sollte man diesen Weg weiter gehen. Man verzögert diese Fortbewegung jedoch, weil Israel über Atomwaffen verfügt und die USA diese Frage nicht auf Agenda sehen wollen.“

Darf man behaupten, dass Obamas Politik eine fortgeschrittene High-Tech-Kampfführung voraussetzt?

„Natürlich. Die USA sagen offen, dass sie neue Methoden der Kampfführung verwenden, darunter Cyber-Angriffe auf iranische Atomanlagen. Und wenn sich solche Attacken gegen die USA richten, hält das Pentagon sie für Kriegshandlungen. Das bedeutet einen möglichen Gegenangriff.“

Wenn die USA behaupten, von jemandem im Cyberspace angegriffen worden zu sein, kann das als Vorwand für einen Krieg gegen einen anderen Staat dienen?

„Es ist ja ganz einfach, einen Vorwand für einen Krieg zu konstruieren. Als Hitler Polen in seine Gewalt brachte, verteidigte er Deutschland angeblich vor dem „weißen Terror“ der Polen. Als Japan im Jahr 1931 Nordchina eroberte, galt dies als Antwort auf den Mukden-Zwischenfall, einen Sprengstoff-Anschlag auf die Südmandschurische Eisenbahn, den die Japaner eigentlich selbst verübt hatten.“

Sind Sie mit den Experten einverstanden, die ein „kontrolliertes Chaos“ als Ziel der US-Aktivitäten im Nahen Osten betrachten?

„Zum großen Teil geht das auf den Wunsch zurück, die Energieressourcen im Nahen Osten zu kontrollieren. Das stimmt aber auch in Bezug auf den Pazifikraum. Kontrolle über Ressourcen weltweit ist das wichtigste Problem. Der Nahe Osten begreift das und will verteidigen, was ihm gehört. All die könnte auf einen sehr beunruhigenden Wandel hinauslaufen.“
http://german.ruvr.ru/2013_01_30/Chomsky-zum-Iran-Streit-Atomwaffenfreie-Zone-ist-keine-Utopie/

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