Und trotzdem – das Leben ist schön

Bericht von J. Windischer, EAPPI- Team 30.6.13

Auch wenn wir schon um 4.00 am Checkpoint sein müssen, es ist schön, schon um 3.00 aufzustehen: der Muezzin singt echt schön und liebevoll, man öffnet die Tür zum Garten: es riecht nach Blüten und Früchten, ein paar Sterne leuchten noch, man spürt die Meeresluft in Tulkarm – das Meer,von dem die Kinder immer wieder träumen, sie dürfen nicht hin. Es ist so schön mitzubekommen, dass der Tag bald kommt.

Ceckepoint Tayba: Scheik Ibrahim begrüßt uns mit breitem Lächeln, bevor wir nach 3 Stunden wieder gehen, sollten wir unbedingt bei seinem Laden noch Tee trinken. Wir versprechen es.

Wenn dann 6000 Leute durch den Checkpoint kommen und wir neben den Käfigen im Mull herumstehen, rufen von weitem Oways oder Mahmud und streiten sich darum wer mir den Becher Kaffee geben darf. Sie wollen kein Geld dafür. Viele Leute grüßen, ich kenne schon viele. Bakr kommt meist gleich nach 4.00 und ruft laut aus dem Gedränge: „Bom giorno, Jussuf, va bene? Como esta il situatione oggi?“ Wir kommentieren die Lage auf italienisch. Gleich kommt Saleh, er winkt aus dem Käfig, er hat 20 Jahre in Osnabück gearbeitet. Er war Fernfahrer , kennt den Brenner. wir kommentieren die politische Situation auf deutsch: heute treffen sich Netanjahu und Kerry (wozu?), irgendwie sind wir beide stolz,dass wir uns verstehen, bis die Leute fragen, in welcher Sprache wir reden.

Was ist schön? Die Gesichter der Leute, wenn manchmal ein Lächeln darüberhuscht.“Sabah ilkler“, darauf „Sabah innur“ Nur…das ist das Licht. Wir stehen im Mull, an einem hässlichen Platz, im Ende der Welt – die Gesichter der Menschen sind das schönste.

Danach in Akkaba: 30 Bauern wollen aufs Feld zur Tabakernte. 24 werden zurückgeschickt.Sie dürfen nicht in ihre Felder. Warum? Weil ihre Namen gesperrt sind. Warum? Ja deswegen. Warum? Fragt beim DCR/Matak. Man sitzt dann schweigsam da, man merkt , wie sie traurig dasitzen. Ich frag sie, ob ich sie fotografieren darf, obwohl sie traurig dasitzen. Sie lachen.

Und noch schöner: zu mittag treffen wir im Gemeindeamt von Kafr Qaddum Abu Malek , er ist Musikprofessor auf der Uni in Nablus,er hat sein „Ud“ (6 seitige Guitarre mit großem Klangkörper) dabei , spielt Musik im Gemeindeamt und sein Sohn singt: „Ich bin wie ein Vogel und fliege und bringe meine Grüße in die Städte, ich vermisse euch Gaza, Haifa,….und dich Jerusalem, du schöne Stadt, wie ich dich liebe…“ Und wie so oft, wir scheinen alle glücklich zu sein. Die Lieder, die Sehnsucht geht tief ins Herz. Wir haben vergessen, dass am Vortag 50 Soldaten das Dorf stürmten und Tränengas geschossen haben. Wirklich – total vergessen und wir schauen uns glücklich an und lachen.

J. Windischer (EAPPI Tulkarm) 30. Juni

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