Drinbleiben oder gehen?
Jemen: Widersprüchliche Signale der USA
Von Knut Mellenthin![]() Die Einwohner der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind immer
wieder Opfer von Drohnen- und Bombenangriffen
Foto: REUTERS/Khaled Abdullah
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Ned Price, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, versicherte am Sonnabend: »Die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien ist kein Blankoscheck«.
Kurz zuvor waren beim Angriff der saudischen Luftwaffe auf eine Trauerfeier im Jemen mindestens 140 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt worden. Price weiter: »Auch wenn wir Saudi-Arabien bei der Verteidigung seiner territorialen Integrität unterstützen, werden wir weiter unsere ernsten Bedenken über den Konflikt im Jemen und die Art, wie er geführt wird, zum Ausdruck bringen.«
Soweit klang alles routiniert und bekannt. Den Spruch mit dem Blankoscheck hatte zum Beispiel schon Pentagon-Sprecher Adam Stump am 21. August von sich gegeben. Damals hatten die Saudis gerade ein Krankenhaus von »Ärzte ohne Grenzen« im Nordjemen bombardiert und dabei 19 Menschen getötet. Aber das, was Price jetzt noch sagte, ließ aufhorchen: »Im Lichte dieses und anderer Zwischenfälle in jüngster Zeit haben wir eine unverzügliche Überprüfung unserer ohnehin schon erheblich reduzierten Unterstützung für die saudisch geführte Koalition eingeleitet. Wir sind bereit zu einer Neuausrichtung unserer Unterstützung, um diese besser mit den Prinzipien, Werten und Interessen der USA in Einklang zu bringen. Dazu gehört auch das Anstreben eines raschen und dauerhaften Endes des tragischen Konflikts im Jemen.«
Aber gibt es wirklich, wie oft behauptet wird, eine Wende im Verhältnis der USA zu den Saudis und insbesondere bei der Bewertung der Militärintervention im Jemen? Über eine angeblich schon erfolgte »erhebliche Reduzierung« der US-amerikanischen Beihilfe zu diesem Krieg ist nichts Konkretes bekannt. Im Gegenteil: Präsident Barack Obama teilte dem Kongress im August seine Absicht mit, Kriegsgerät im Wert von 1,15 Milliarden Dollar an das Königshaus in Riad zu liefern. Es geht dabei nicht um die üblichen langfristigen Rüstungsverkäufe, sondern um die direkte Ersetzung von Munition und Waffen, die im Jemen-Krieg verbraucht, beschädigt oder zerstört wurden. Ein Antrag, dem Deal die Zustimmung zu verweigern, fiel im Senat am 21. September mit 27 gegen 71 Stimmen durch.
Solange man nicht explizit etwas anderes hört, ist davon auszugehen, dass die US-Streitkräfte auch weiterhin Kampfflugzeuge der arabischen Kriegskoalition in der Luft auftanken, damit diese pro Einsatz mehr Ziele angreifen können. Auch wichtigen Daten der militärischen Aufklärung werden offenbar nach wie vor an die Saudis weitergegeben. Vor einer Woche wurde bekannt, dass die US-Navy drei zusätzliche Kriegsschiffe in das Gebiet vor die jemenitische Küste entsandt hat. Von einem Rückzug von diesem Kriegsschauplatz scheint Washington derzeit weiter entfernt als von einer noch stärkeren Beteiligung.
junge Welt vom 10.10.16
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