Weg mit der Mauer in Palästina

Europa und der Israel-Palästina-Konflikt
Konferenz am Samstag, 18. November 2006 in Berlin

Erklärung der Organisatorinnen und Organisatoren der Konferenz

Engagierte Initiativen zum Israel-Palästina-Konflikt
Boykott, Investitionsentzug, Sanktionen, und politische Aufklärung

Überall würde man sich über mögliche Sanktionen gegen Israel erregen,
monierte Jeff Halper als ein Repräsentant der israelischen
Friedensbewegung vor mehr als 200 ZuhörerInnen der Konferenz „Weg mit
der Mauer in Palästina“. Doch wer merke auf, wenn Deutschland der
Bürgermeisterin von Ramallah, Janet Michael, die Einreise zur
Teilnahme an dieser Konferenz der Friedens- und Solidaritätsbewegung
verweigert? Da mit der Person Michaels nicht nur sie selbst sondern
zugleich ihr Volk boykottiert würde, forderte er ein starkes Zeichen
des Protestes.

Janet Michael selbst drückte in ihrem Grußwort an den Kongress ihre
„Verwunderung und ihr Unverständnis“ darüber aus, dass ein Land, von
dem sie erwartet hätte, dass es sich für die Rechte eines
unterdrückten Volkes einsetze, ihren fristgerechten Einreiseantrag
erst ohne Begründung ablehne.

Die Organisatoren der Konferenz werten das „fünf vor Zwölf“ gemachte
Angebot einer möglichen Visumerteilung für Frau Michael als
politischen Taschenspielertrick, der zur Behauptung führen könne, die
Einreise wäre möglich gewesen. Sie akzeptierten mit Bedauern Frau
Michaels Reaktion, dieses politische Vorgehen nicht zu akzeptieren.
Sie blieben bei ihrer Kritik, dass die Bundesregierung sich mit
diesen Vorgängen nicht nur zum Erfüllungsgehilfen der Politik der
US-Administration mache, sondern sich zugleich in Europa isoliere.
Laut eigenen Erkundigungen würde kein wichtiges europäisches Land
einer solchen Visumverweigerung entsprechen. In dieser Kenntnis
verstärke die Einreiseablehnung nicht nur die Brüskierung der
Bürgermeisterin Michael sondern stoße zugleich alle jene Kräfte des
palästinensischen Volkes vor den Kopf, die sich um eine friedliche
Konfliktlösung, Demokratisierung und Durchsetzung der Menschenrechte
in der Region bemühen.

Angesichts der auf der Konferenz belegten engen Verzahnung der US-,
europäischen und der deutschen Politik mit dem
Israel-Palästina-Konflikt richtet sich die Entscheidung der deutschen
Regierung zugleich gegen alle engagierten Bemühungen von Menschen in
Deutschland, in diesem Konflikt mit zivilgesellschaftlichen Mitteln
zu intervenieren.

Von der Konferenz ergeht deswegen ein Appell an die deutsche
Öffentlichkeit, von der deutschen Regierung in Bezug auf den
israelisch-palästinensischen Konflikt einen entschiedenen
Politikwechsel hin zu einer neutralen, den Dialog fördernden und
Verhärtungen aufweichenden Linie zu fordern. Dazu gehört auch die
Förderung nachhaltigen zivilgesellschaftlichen Engagements in
Deutschland und Europa hin zu einer Lösung dieses Konfliktes. Der
„Koordinationskreis Stoppt die Mauer in Palästina“ wird die
praktischen Fragen von Boykott, Investitionsentzug, Sanktionen und
politischer Aufklärung in den kommenden Monaten intensiv angehen.

Bei wenigen Enthaltungen verabschiedeten die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der Konferenz die im gesonderten Dokument beigefügte Erklärung.

Berlin, 18. November 2006
Koordinationskreis Stoppt die Mauer in Palästina
im Namen der Organisatorinnen und Organisatoren der Konferenz

Webseite und Kontakt: www.stopptdiemauer.de / www.konferenz.stopptdiemauer.de

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Erklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und der Organisatorinnen
und Organisatoren

Seit unserer ersten „Stop the wall“-Konferenz 2004 in Köln ist eine
weitere schwerwiegende Eskalation der Lage in den besetzten
palästinensischen Gebieten eingetreten. Der Bau von Mauern und
„Trennungsbarrieren“ auf dem Territorium der Westbank ist trotz des
Gutachtens des Weltgerichtshofs in Den Haag vom Juli 2004, das deren
Völkerrechtswidrigkeit eindeutig feststellte, von der israelischen
Regierung ungestört fortgesetzt worden. Auch die überwältigende
Mehrheit der UN-Vollversammlung, die für die zügige Umsetzung dieses
Rechtsgutachtens stimmte, konnte nicht bewirken, dass der Bau gestoppt wird.
Die europäischen Regierungen haben ihren Einfluss gegen die
Errichtung der Mauer in keiner Weise geltend gemacht, obwohl sie
diesem UN-Votum selber zugestimmt haben!
In Gaza wurden ungeachtet des einseitigen Abzugsbeschlusses der
Regierung Israels und der vollzogenen Räumung der Siedlungen die
Politik der Einsperrung perfektioniert und die Luftangriffe sowie
gewaltsamen Anschläge der israelischen Armee weiter gesteigert.
Beobachter vergleichen dieses Gebiet mit einem „Freiluftgefängnis“.
Der Menschenrechtsberichterstatter der Vereinten Nationen, John
Dugard, hat darauf hingewiesen, dass die israelischen Maßnahmen gegen
die palästinensische Zivilbevölkerung eine permanente Verletzung der
Genfer Konvention und der Menschenrechts-Charta der UN darstellen.
Die von der EU mitgetragenen Sanktionen gegen die Palästinenser wegen
der von ihnen demokratisch gewählten Hamas-Regierung haben das Elend
in gravierender Weise zusätzlich verschärft.
Die fortgesetzte politische, ökonomische und militärische
Unterstützung der israelischen Besatzungspolitik durch die
europäischen Staaten und die EU fördert einen permanenten
Kriegszustand an einem weltpolitisch neuralgischen Punkt, einer
Nahtstelle zwischen dem Westen und der arabisch-islamischen Welt.
Statt die aus der Kolonialherrschaft und speziell in Deutschland aus
dem Mord an den europäischen Juden erwachsene Verantwortung für den
Frieden wahrzunehmen, macht die von den europäischen und
US-amerikanischen Machteliten betriebene Politik der doppelten
Standards und der Heuchelei jeden Schritt zu einem vernünftigen
Interessenausgleich in der Region zunichte. Indem sie das
militaristische Konzept des „Kriegs gegen den Terror“ auch auf diesen
Konflikt anwenden und mit israelischen Politikern kooperieren, die
ohne Rücksicht auf das System der Völker- und Menschenrechte eine
Politik der Zerstörung und Gewalt ausüben, heizen sie einen Brandherd
weiter an.

Wenn Regierungen versagen, ist es Aufgabe der Bürger, nicht nur
darauf hinzuweisen, sondern auch aktiv einzugreifen. Als Kampagne
gegen den Mauerbau werden wir weiter
­ die deutsche Öffentlichkeit über das mit dem Mauerbau und der
Besatzung verbundene Unrecht informieren.
­ auf deutsche und EU-Instanzen solange einwirken, bis
Waffenexporte in die Krisenregion Nahost völlig eingestellt und
Handelsbeziehungen daraufhin überprüft werden, inwieweit sie mit dem
Menschen- und Völkerrecht vereinbar sind. Die gewählte
palästinensische Selbstverwaltung muss als Partner für Dialog und
Zusammenarbeit akzeptiert werden, die strangulierenden Sanktionen
gegen die palästinensische Bevölkerung müssen sofort beendet werden.
­ gewaltlose Kampagnen israelischer und palästinensischer
Aktivistinnen und Aktivisten gegen die Errichtung des
„Trennungszauns“ unterstützen. Dazu gehört insbesondere, dass wir den
Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu „Boykott,
Investitionsentzug und Sanktionen“ gegen die israelische
Besatzungspolitik aufgreifen werden, und sowohl mit unseren
palästinensischen als auch mit den israelischen Partnern und Freunden
sowie in der deutschen Friedens- und Solidaritätsbewegung eine
intensive Debatte darüber führen wollen, wie diese Kampagne, die an
den Erfahrungen der Anti-Apartheid-Bewegung zu Südafrika anknüpft, in
Deutschland sinnvoll umgesetzt werden kann.

Die Elemente für eine politische Lösung, für ein gleichberechtigtes
und friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern, Juden,
Arabern, Muslimen und Christen sind längst entwickelt. Staatliche
Selbstbestimmung in international garantierten und wechselseitig
anerkannten Grenzen ist ein Teil solcher Konzepte. Was fehlt, sind
nicht die Ideen für nachhaltigen Frieden im Nahen Osten, sondern der
politische Wille gerade auch der westlichen Regierungen.
Dem wollen wir mit einer breiten Bürgerbewegung auf die Sprünge
helfen, und damit auch in Deutschland selbst Mauern zwischen den
Menschen verhindern und einreißen.

Berlin, 18. November 2006
Koordinationskreis Stoppt die Mauer in Palästina
im Namen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und der Organisatorinnen
und Organisatoren der Konferenz

Webseite und Kontakt: www.stopptdiemauer.de / www.konferenz.stopptdiemauer.de

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