Leserbrief FS zur „Aussensicht“ von Hans Winkler, Kl. Ztg., 22. Mai
Geschichtsmythen
Symbole sind seit jeher integrale Bestandteile politischer Auseinandersetzungen. Auch Fahnen. Dass Hans Winkler den tendenziell neutralitätswidrigen Fahnenspuk auf dem Kanzleramt verteidigt, offenbart das seine proisraelische Sicht auf den Palästina-Konflikt. Wenn er in seiner ideologischen Positionierung meint, Israels harte Besatzungspolitik samt ihren brutalen Begleiterscheinungen verteidigen zu müssen, ist das zwar befremdlich, gehört aber zu seiner Meinungsfreiheit.
Was aber nicht unwidersprochen bleiben kann, ist seine Verbreitung von faktischen Geschichtsmythen. Arafat hat keineswegs „das Ziel der Vernichtung Israels nie aufgegeben“. Im Beschluß von Algier 1988 haben er und seine PLO Israel in den Grenzen der Waffenstillstandslinien von 1949 anerkannt. Das hat er auf ausdrücklichen Wunsch Israels vor Begin der Friedensverhandlungen in Oslo und Madrid noch einmal schriftlich garantiert. Arafat hat damit eingewilligt, einen palästinensischen Staat auf den verbliebenen 22 Prozent des Landes zwischen Mittelmeer und Jordan zu errichten. Nur hat Israel selbst während der Verhandlungen um das restliche Pizza-Stück nicht aufgehört, dieses mit seiner völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik weiter zu verspeisen.
Und wieso kommt Winkler bei seiner Qualifizierung vom „Terrorchef Jassir Arafat“ nicht in den Sinn, dass Israel mit Menachem Begin und Yitzhak Schamir in den 1980er-Jahren zwei ehemalige Terrorchefs als Ministerpräsidenten hatte. Und ob man Ariel Sharon nicht auch eine staatsterroristische Politik zuschreiben muss, ist zumindest diskutierbar.
Sala’am/Shalom,
Franz Sölkner
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