Leserbrief von Pax Christi Steiermark zum Gaza Krieg
Leserbrief
Gaza-Krieg : Quo vadis Israel?
Viel ist in den letzten Tagen von den Kriegshandlungen im Gaza berichtet worden, sie werden aber vereinfachend dargestellt und oberflächlich beurteilt: hier die terroristischen Hamaskämpfer ,dort die ihr Existenzrecht verteidigende israelische Armee, sozusagen 1: 1.
Man erkennt jedoch das Ungleichgewicht der Konfliktsparteien schon an der „Unverhältnismäßigkeit“ der „militärischen Antworten“, an der Zahl der Opfer und im Ausmaß an Zerstörung. Um hinter die Medienkulissen zu blicken und nur irgendwie zu verstehen, was da wirklich vor sich geht, gilt es das Augenmerk auf die tieferen Ursachen dieses Konfliktes zu richten. Seit der Gründung des Staates 1948 ist Israel unter dem US-amerikanischen Schutzschild militärische Großmacht geworden und die Palästinenser müssen seit dem verlorenen „Sechstagekrieg“1967, also bereits seit 40 Jahren(!)eine feindlich repressive militärische Besatzung erleben.
Die jüdische Rechtsanwältin, Felicia Langer, dem Holocaust entkommen, nach Morddrohungen aber wieder nach Deutschland emigriert, war ca 25 Jahre Anwältin von Palestinensern in israelischen Gefängnissen . In ihren Vorträgen und Büchern, etwa in ihrem neuesten Buch „Die Entrechtung der Palestinenser“, beschreibt sie als Zeugin die harte Militärjustiz, die völkerrechtswidrigen Strafmaßnahmen der massenhaften Häuserzerstörungen, die schweren Menschenrechtsverletzungen gegenüber „Verdächtigen“, sie spricht von einer unverhältnismäßig hohen Anzahl Palestinensern in israelischen Gefängnissen(derzeit über 10000), darunter sehr viele Jugendliche, und nennt Kriegsverbrechen gemäß Genfer Konvention. An den zahlreichen Checkpoints (Strassensprerren) erleben die PalästinenserInnen tagtäglich Demütigungen durch die Militärpolizei.
Dazu kommt die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik mit ihren Enteignungen , es gibt schon fast eine halbe Million illegaler Siedler auf palestinensischem Gebiet, durch das nun auch das 8 m hohe „Monster“ einer Apartheid-Mauer aufgezogen wird(gegen das Gutachten des internationalen Gerichtshofes in Den Haag und die Resolution der UNO-Vollversammlung).Noch schlimmer sind die Zustände im GAZA-Streifen, wo 1,4 Mio Palestinenser auf 360 km2 leben müssen – das entspricht einer sehr hohen Siedlungsdichte von ca 4000 Menschen pro km2 – mehr als die Hälfte davon in Flüchtlingslagern.
Immer wieder spricht Felicia Langer von einer bewunderswerten Haltung und menschlicher Würde in der palestinensischen Bevölkerung. Es steht selbstverständlich den Palestinenser/Innen völkerrechtlich das Selbstbestimmungsrecht inklusive Widerstandsrecht zu. Dass die Bevölkerunng in freier Wahl mehrheitlich die Hamas, eine radikale politische Gruppierung, gewählt hat, ist aus den angedeuteten Zuständen, der 1.u.2.Intifada und dem Scheitern des Oslo-Friedensprozesses erklärbar. Selbstverständlich sind aus unserer Sicht die Selbstmordattentate und deren Raketenangriffe auf israelische Bürger klar abzulehnen und sehr zu bedauern, aber man muß sie auch als Folge der anhaltenden strukturellen Gewalt von seiten Israels sehen.
Friede kann nur durch Gerechtigkeit entstehen, und Gerechtigkeit widerfährt dem palestinensischen Volk bei dieser Politik Israels nicht, die auf militärische Lösung setzt und dabei selbst den ersehnten Frieden nicht erlangt. Bei allem gilt, dass wir nicht verallgemeinern und dass es sowohl auf jüdischer wie auf palestinensischer bzw.arabischer Seite Menschen gibt, die anders als die gegenwärtig agierenden politisch Verantwortlichen denken und den Frieden ernsthaft wollen und für Entgegenkommen sowie vertrauensbildene Massnahmen eintreten..
Für Pax Christi Steiermark am 15.1.09:
Mag.Rudolf Jopp, Raaba
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