Artikel der AG Friedensforschung: Gefährlicher als Terrorismus?

Der Wirtschaftsabsturz und die weitere Militarisierung der Weltpolitik

Von Peter Strutynski

Die Fragestellung meines Referats ist natürlich rein rhetorischer Art. Selbstverständlich ist die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise gefährlicher als der Terrorismus. Und dies aus drei Gründen:

1. Vieles von dem, was seit dem 11. September 2001 als „Terrorismus“ wahrgenommen oder politisch und medial kommuniziert wird, stellt für die Menschheit, und um die sollte es ja gehen, keine besondere Bedrohung dar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wir die Schäden und Wirkungen terroristischer Verbrechen in Beziehung setzen zu anderen Beeinträchtigungen und Schädigungen von Menschen etwa infolge von Unterentwicklung, Hunger, pandemischen Krankheiten, Massenarbeitslosigkeit, Armut und Umweltzerstörung. Hierzu nur ein Beispiel: 100.000 Menschen sterben täglich an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen – meist in den 122 Ländern der Dritten Welt, in denen 4,8 Milliarden Menschen leben. Nach Jean Ziegler, dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, ist Hunger zu einer „Massenvernichtungswaffe“ geworden (vgl. Ziegler 2005). Seit dem Millenniumsgipfel 2000, bei dem die Vereinten Nationen feierlich die Halbierung der Armut bis zum Jahr 2015 verkündeten, sind wir keinen Schritt voran gekommen. Zwar gab es, wie ein im November 2007 vorgelegte Entwicklungsbericht von Welthungerhilfe und terre des hommes zeigte, auf globaler Ebene durchaus „positive Trends“, etwa bei der Reduzierung der Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben. Sie sank von 1,247 Milliarden 1990 auf 986 Millionen 2004. „Grund dafür (war) allerdings vor allem die positive wirtschaftliche Entwicklung in China, während in Afrika die Zahl der Armen selbst nach den optimistischen Prognosen der Weltbank von 298 Millionen (2004) auf 326 Millionen bis zum Jahr 2015 steigen wird. Insgesamt muss heute fast die Hälfte der Weltbevölkerung von weniger als zwei US-Dollar pro Kopf und Tag leben.“ (terre des hommes/Welthungerhilfe 2007.)

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