Exklusiv-Interview mit Irans IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh
Im Folgenden ein Interview mit dem iranischen Botschafter Dr. Ali Asghar Soltanieh bei der „Internationale Atomenergiebehörde“ (IAEA) in Wien. Das Interview ist die erste offizielle Erklärung auf die Darstellung der IAEA zu ihrer jüngsten Reise nach Iran – vor der Pressemitteilung der iranischen Vertretung in Wien.
Irananders: Zum zweiten Mal innerhalb eines Monats reiste eine IAEA-Delegation nach Iran. Auf welches Ziel einigte man sich im Voraus hinsichtlich dieser Reise?
Dr. Ali Asghar Soltanieh: Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen. Wie Sie wissen, finden die regulären Inspektionen der iranischen Atomanlagen konstant statt. Darunter fallen auch insbesondere die Urananreicherungsanlagen. Dort gibt es auch von Seiten der IAEA Überwachungskameras, die 24 Stunden im Betrieb sind. Der Grund, wieso Irans Akte bei der IAEA weiterhin nicht abgeschlossen werden kann, ist, dass von Seiten einiger Staaten eine Reihe von Vorwürfen gegen Iran geäußert werden. Obwohl wir öfters auf diese Vorwürfe eingegangen sind und insbesondere gemäß der Übereinkunft mit der IAEA von 2007 in insgesamt knapp hundert Stunden Sitzungen und mit 117-Seiten Belege diese Vorwürfe entkräftet haben, äußerten diese Staaten neue Vorwürfe.
Wir haben uns nun als konstruktive Maßnahme bereit erklärt, noch einmal mit der IAEA zusammenzukommen, um diese neuen Vorwürfe zu behandeln. Der erste und zweite Besuch der IAEA-Delegation in Iran erfolgte mit dem Ziel, eine Rahmenbedingung und Modalitäten zu entwickeln, um diese Fragen zu lösen. Beim ersten Besuch haben die einleitenden Gespräche dazu stattgefunden, und es war notwendig, diese in einem zweiten Besuch fortzuführen. Bei dem jetzigen Besuch haben einige Einigungen stattgefunden, aber damit der Prozess finalisiert werden konnte, bedürfte es mehr Zeit. Die IAEA-Delegation musste jedoch zurückkehren, und deshalb müssen die Verhandlungen über den Abschluss der Rahmenbedingung und Modalitäten zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.
Irananders: Aber die IAEA drückte ihre Enttäuschung darüber aus, dass man die Militäranlage Parchin nicht besichtigen durfte. Ist die Enttäuschung berechtigt? Existierte eine Übereinkunft und Abmachung bezüglich der Besichtigung dieser Militäranlage?
Dr. Ali Asghar Soltanieh: Nein, bedauerlicherweise sind die Erklärungen dazu nicht richtig. Sie müssen wissen, dass nach dem IAEA-Status und unser Abkommen mit der IAEA (Anm. d. Red.: IAEA-Safeguards Agreement) keine Inspektionen von Militäranlagen vorgesehen sind. Wir haben bereits zuvor erklärt – und das war überhaupt auch unsere Übereinkunft mit der IAEA-, dass erst einmal eine einwandfreie rechtliche Grundlage für die Besichtigung Parchins geschaffen werden muss. Parchin ist nämlich keine Atomanlage wie die in Natanz, Fordo oder Arak, wo die Inspektionen der IAEA auf übereinstimmender und legaler Basis stattfinden können.
Wir haben in diesem Sinne den Zutritt zu Parchin nicht kategorisch verweigert und das weiß auch die IAEA, und deshalb sind die hiesigen Informationen in diesem Zusammenhang nicht richtig. Wenn es eine Rahmenbedingung für solche Inspektionen gibt, ist es auch möglich, Parchin zu besichtigen. Die regulativen Normen und Modalitäten konnten hingegen nicht finalisiert werden, weil die Delegation frühzeitig abreiste. Das heißt, obwohl wir gemäß den IAEA-Bestimmungen nicht angehalten sind den Zutritt zu Parchin zu gewähren, erklärten wir uns prinzipiell dazu bereit. Aber dazu müssen solche Inspektionen – wie die Inspektionen der Atomanlagen – zur Sicherheit aller Parteien auf einem eindeutigen Regelwerk basieren.
Irananders: In Iran wirft man der IAEA immer mehr vor, dass sie ihre Unabhängigkeit verloren hat und sie von einer ursprünglichen technischen Institution zu einer politischen Einrichtung mutiert ist. Besteht die Gefahr, dass durch diese zunehmende Grundstimmung in Iran die politischen Kräfte in Iran – auch im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen – stärker werden, die die Kooperation mit der IAEA komplett aufkündigen möchten?
Dr. Ali Asghar Soltanieh: Die Regierung der Islamischen Republik Iran gab mehrmals bekannt, dass sie als verantwortlicher Staat ihre Verpflichtungen, die aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) hervorgehen, einhalten wird. Trotz der Ausübung von Druck und den Sanktionen haben wir unsere Kooperationen mit der IAEA fortgesetzt. Ja, in Iran und im iranischen Parlament gibt es Kritiker, und ihre Kritik ist berechtigt. Wir haben große Erwartungen in die IAEA gehegt. Die IAEA ist gemäß ihrem eigenen Statut verpflichtet, Staaten bei der Beherrschung zur eigenständigen Nutzung der Atomenergie zu helfen und zu unterstützen, was sie in unserem Fall allerdings nicht tut.
Irananders: In der Presseerklärung der IAEA hieß es, dass es keine Einigung hinsichtlich der ungelösten Fragen gekommen ist. Um welche Fragen ging es und was ist der Grund dieses Scheiterns?
Dr. Ali Asghar Soltanieh: Es ging wie bereits dargelegt nicht in erster Linie um die unmittelbare Beantwortung von ungelösten Fragen, sondern erst einmal um die Schaffung eines Regelwerkes für die Lösung der anstehenden Vorwürfen. Weil die IAEA-Delegation nicht länger blieb, konnte in dieser kurzen Zeit keine Einigung erzielt werden.
Irananders: Das heißt, die Delegation ist von sich aus nach Wien zurückgekehrt?
Dr. Ali Asghar Soltanieh: Wir waren bereit, dass sie länger bleiben. Aber sie teilten uns mit, dass sie nach Wien zurückkehren müssen, weil der Generaldirektor Yukiya Amano das wollte.
Irananders: Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Neueste Kommentare