Offener Brief an Bundespräsident Dr. Heinz Fischer
Offener Brief an Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer Graz 14.Juni 2008
Betrifft: EU-Reformvertrag Nein in Irland … und Österreich?
Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Am 14.April 2008 antworteten Sie auf das Schreiben, das ich im Namen der Steirischen Friedensplattform Anfang desselben Monats mit einer beträchtlichen Anzahl der in zahlreichen Kundgebungen in Graz zwischen Oktober 2007 und März 2008 gesammelten Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums in Österreich zum EU-Reformvertrag an Sie richtete. Sie fanden es für nicht gerechtfertigt, dass ein einziges Land (eventuell durch ein Referendum in Österreich) den Vertrag zu Fall bringen kann. („… es erscheint problematisch, wenn das Schicksal eines für 27 Staaten wichtigen Vertrages ….dann zusätzlich vom Ergebnis der Volksabstimmung in einem einzigen Land abhängig gemacht wird“ siehe Antwortschreiben Präsidentschaftskanzlei EU-Reformvertrag).
Das noch kleinere Irland hat durch den Souverän die Frage der Demokratie klar beantwortet: dieser Lissabonner EU-Reformvertrag gehört der Vergangenheit an, denn sobald ein Volk das Recht auf eine Stimme hat, sagt es mehrheitlich, dass dieser Vertag den sozial gerechten Aufbau eines Europas der Völker untergräbt und Meinungsumfragen belegen, dass in den meisten Ländern das gleiche eingetreten wäre, hätten die Menschen das Recht gehabt sich mit ja oder nein zur Orientierung dieser EU äußern zu können. Der Graben zwischen den europäischen Völkern und den EU-Technokraten ist unüberbrückbar geworden. In jenen Regionen, in denen die sozial Schwächeren leben (Dubliner Vororten und im Nord-Westen wurde der Vertrag mit über 60% abgelehnt).
Die Menschen sind wohl nicht von Natur aus ängstlich gegenüber den Umbrüchen der kapitalistischen Globalisierung, sondern weil ein immer größerer Teil von ihnen Opfer mit katastrophalen sozialen Folgen wird und weil sie andererseits sehen, dass es immer mehr Milliardäre gibt. Eine EU-Führungselite, die immer undemokratischer vorgeht, die die zerstörerischen – nicht nur ökologischen – Folgen dieser neoliberalen Wirtschaftsform sogar noch im EU-Reformvertrag verankern wollte, das ganze gepaart mit einer aggressiven Aufrüstung zur Absicherung dieser ungerechten Wirtschaftsform.
Durch dieses couragierte NEIN der irischen Bevölkerung haben auch wir jetzt wieder eine Chance an den Rahmenbedingungen für den Aufbau eines anderen Europas mitzuwirken, in welchem die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung nicht mit Füßen getreten werden.
Der Plan A wurde vor drei Jahren von der französischen und holländischen Bevölkerung durchkreuzt. Zum Plan B durfte sich nur mehr das Irische Volk äußern und es hat im Namen aller EuropäerInnen, die keine Stimme hatten, geantwortet. Geht der Plan C unter Sarkozys EU-Ratspräsidentschaft in Richtung Kerneuropa d.h. eine deutsch-französisch -italienische Wirtschaftsunion oder erlauben wir uns als kleine Bevölkerung in einer EU auch mitzureden, sodass wir sie auch als die Unsrige betrachten können?
Wo bleiben in Österreich sozialdemokratische Stimmen wie in Frankreich z.B. von Jean-Luc Melenchon (SP Senator) „ Der Zeitpunkt für die europäische Führungselite ist gekommen die Niederlage ihres liberalen und nicht demokratischen Modells einzugestehen.“ ( Le Monde 14..Juni 2008)
Mit freundschaftlichen internationalistischen Grüßen
Johann Schögler
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