Antwort auf Chava Gurion

Frau Chava Gurion,

Sie liegen richtig: Genug ist genug!

Genug israelische Massaker an den Menschen in Gaza! Genug an seit 60 Jahren andauernder Vertreibung und versuchter Vernichtung der PalästinenserInnen!

Genug ist genug! Das ist die Botschaft an Israel, millionenfach von DemonstrantInnen überall auf der Welt gerufen. Sogar  Präsident Obama, der Israel hingebungsvoll mit Rüstung unterstützt, reicht es jetzt und er will die massenhaften Opfer in Gaza nicht mehr akzeptieren!

Doch Sie Frau Gurion, befürworten den Krieg der israelischen Regierung gegen Gaza. Damit liegen Sie ganz auf der Linie von Israels Gründervater David Ben Gurion, der 1937 sagte: “Die Araber müssen verschwinden. Aber man braucht dafür eine passende Gelegenheit, wie einen Krieg, um dies geschehen zu lassen.”

Israel wusste sich diese Gelegenheiten zu schaffen und bekam 1948 sogar das Einverständnis der UNO. Sie erwähnen, dass die Palästinenser 1948 einen jüdischen Staat ablehnten und Sie meinen damit den UN-Teilungsplan. Die UNO hatte damals der Errichtung eines Staates auf palästinensischem Land zugestimmt, aber entgegen dem Willen der ansässigen Bevölkerung, die zuvor durch Terroranschläge von israelischen Paramilitärs drangsaliert und eingeschüchtert worden war! 56% des fruchtbaren Landes wären nach diesem Plan an 600 000 Israelis gegangen, 43% an die 1.200 000 PalästinenserInnen. Nicht gerecht und nicht zu rechtfertigen, diese internationale Genehmigung an Israel für eine Staatsgründung über Landraub und Verbrechen an den Einheimischen. Auf dem  Rücken von Menschen, die damit nichts zu tun hatten, wollte sich Europa der moralischen Schuld am Verbrechen des Holocaust entledigen.  Davor standen außerdem ökomische Interessen: Über die Schaffung des israelischen Staates beabsichtigte man die Fortsetzung der kolonialen Kontrolle über die Ressourcen des Arabischen Raums.

Mehr als 700 000 PalästinenserInnen wurden 1947/48 brutal vertrieben. Golda Meir sagte, als die Flüchtlinge zurückkehren wollten: „I am not willing to make extraordinary arrangements to bring back Arabs.“  Außenminister Scharett wollte die Palästinenser vor einer Rückkehr warnen. Joseph Weitzs „Transfer-Plan“, der Zerstörung der Dörfer, Ansiedelungen von JüdInnen und Maßnahmen zur Verhinderung jeder Rückkehr vorsah, wurde von Ben Gurion buchstabengetreu umgesetzt!

1967 folgte der nächste Krieg: 300 000 Vertriebene, wieder Zerstörungen zahlreicher Dörfer, Massenerschießungen und eine lange Liste an Menschenrechtsverletzungen bis hin zu den Angriffen auf Gaza 2008, 2012/13 und 2014. Es gab immer Gelegenheiten für diese Kriege. Für den jetzigen wurde die Ermordung von drei Talmudschülern genannt. Mittlerweile ist hinlänglich belegt, dass dies nur ein Vorwand war, um Gaza anzugreifen. Keine der Palästinensergruppen, auch nicht Hamas, hatte etwas damit zu tun. Dennoch wird diese Organisation über Falschinformationen zum großen Feindbild hochstilisiert und dämonisiert. Zweck ist wohl, über das Schüren latenter Islamfeindlichkeit in der europäischen Gesellschaft die EU mit aufs israelische  Kriegsschiff zu holen. Auch Sie spielen hier mit, Frau Gurion. Ist das ihr Zugang zu Friedenspolitik? Anstatt Verhandlungen zu fordern, streuen sie Unwahrheit und Hass. Sie gehen sogar soweit, die Palästinensischen Opfer zu verspotten, indem sie ihnen unterstellen, sie wären nichts als arme Menschen, die sich von Hamas als Schutzschilder missbrauchen lassen. Wissen Sie eigentlich was Sie da sagen? Rund 2000 Menschen hat Israel allein in Gaza auf dem Gewissen! Sie wurden bombardiert aus Kampfhubschraubern und unbemannten Drohnen! Niemand konnte in Gaza vor den Angriffen flüchten, zumal gezielt Zufluchtsorte wie UN-Schulen und Spitäler auch bombardiert wurden! Israel ist eines der höchstgerüsteten Länder der Welt!  Wer kann und wer will überhaupt diesem Land etwas anhaben? Was soll diese Opfer –Täter – Umkehr?

Haben Sie nie überlegt, ob es nicht vielmehr das schlechte kollektive Gewissen Israels ist, das es antreibt immer einen Gegner, immer Gelegenheiten für Krieg zu suchen? Sie wissen und auch Ben Gurion wusste es: Das Land auf dem Israel steht, gehört nicht den Isarelis! Es wurde geraubt, widerrechtlich angeeignet. Der Großteil der Menschen, die heute in Gaza leben, sind Vertriebene aus diesem Land. Sie wurden in ein großes Flüchtlingslager gesperrt, das sich Gaza nennt. Denken Sie im Ernst, die Menschen akzeptieren eine solche Behandlung über Jahrzehnte hinweg widerstandslos? Als „ Muselmanen die sich ruhig verhalten in ihren Lagern und sich abfinden mit ihrem Schicksal  wie es Muselmanen geziemt“, wie Erich Fried in einem Gedicht schrieb? Und was würden Sie an der Stelle eines Flüchtlings in Gaza empfinden, wenn Sie von Knesset-Sprecher Feiglin hören, dass er nach einer vollständigen Eroberung des Gaza-Streifens die Bevölkerung in ein Camp in Sinai deportieren will, um sie von dort aus in andere Länder weiter zu deportieren?

Die PalästinenserInnen in Gaza sind eins mit der palästinensischen Widerstandsbewegung, ob sie nun Hamas oder einen anderen Namen trägt. Sie verteidigen ihre Würde und ihr Recht gegen die hochgerüstete israelische Armee. Die Menschen in Gaza sagen: Wir werden unsere Toten nicht vergessen! Von wie vielen Toten sie sprechen, Frau Gurion, von wie vielen Toten seit 1948?

Dennoch hat Yassir Arafat die Hände zum Frieden gereicht. Er und Izthak Rabin wurden ermordet. Jeder Versuch neuerliche Verhandlungen in Gang zu bringen, ist an den absichtlich feindseligen Handlungen der Mächtigen in Israel gescheitert: Siedlungsbau, Zerstörung Ostjerusalems, Mauerbau, unzählige Schikanen an ZivilistInnen, Inhaftierung und Folter von Kindern, willkürliche und gezielte Erschießungen und so viele Demütigungen mehr.

In Wirklichkeit ist es nicht kompliziert, einen Frieden in Palästina/Israel zu schaffen. Die Pläne liegen bereit. Die Hände der PalästinenserInnen sind ausgestreckt, trotz allem und noch immer. Doch Israel muss seinen alleinigen Herrschaftsanspruch über das Land aufgeben, die Politik der Vertreibung und der Apartheid beenden! Es muss seiner Schuld und Verantwortung gegenübertreten. Das wäre wirklich mutig und der eigenen Bevölkerung gegenüber ehrlich. Anstatt sie ständig mit neuen Feindbildern und Unwahrheiten aufzuhetzen und die Jugend von einer militärischen Katastrophe in die nächste zu treiben.

Die PalästinenserInnen sind die Schwächeren, wie Sie selbst sagen. Und auf die Nachfrage ob der Schwächere im Recht ist, antworten Millionen Vertriebene: JA!

Frau Gurion, schreiben Sie nicht Golda Meirs Opfer-Täter-Umkehr fort!  Sie sprach im Kriegsgeist Ben Gurions, wie heute Netanjahu, Liebermann und Moshe Feiglin. Hören Sie nicht auf diese Scharfmacher. Wenden Sie sich den PalästinenserInnen und ihren legitimen VerteterInnen zu und hören Sie die Stimme der Schwachen, die ihre Rechte verteidigen:  Ehrliche Gesprächsbereitschaft  ist wenigstens ein erster Schritt in Richtung Frieden.

Helga Suleiman, Graz

Der Debattenbeitrag von Frau Gurion zum download hier:

Debattenbeitrag Frau Gurion KlZtg15_8_14

Die Veröffentlichung der Antwort darauf wurde von Stv. Chefredakteur der Kleinen Zeitung Thomas Götz abgelehnt u.a. mit der Begründung „(…) es gehen immer die gleichen Argumente hin und her (..)“.

1 Kommentar zu “Antwort auf Chava Gurion”

  1. Selma Hajdarevic-Kurtalic sagt:

    Ich bin froh, dass es solche Menschen wie Frau Suleiman gibt, die über die Wahrheit in Palästina schreiben. Und der Chefredakteur der Kleinen Zeitung, ja selbstverständlich, dass er solche Argumente NICHT hören will, da sie ja der Wahrheit entsprechen! Und auch wenn dei ARgumente zum hunderttausendsten mal gesagt werden, ist es für manche Menschen nicht genug, da sie es nicht wahr haben wollen.
    MfG

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