Kurdischer Stadt Kobane droht IS-Besetzung

Angesichts des Vormarsches islamischer Terrormilizen fordern LINKE den Einsatz militärischer Mittel *

Noch leisten kurdische Milizen Gegenwehr. Ob sie jedoch dem Ansturm der IS-Terroristen auf die kurdische Bastion Kobane standhalten können, erscheint immer fraglicher.

Ungeachtet US-amerikanischer Luftangriffe und heftiger Gegenwehr kurdischer Kämpfer ist die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) tiefer in die nordsyrische Kurdenstadt Kobane vorgedrungen. Nach Angaben von Beobachtern lieferten sich IS-Kämpfer und Kurden am Dienstag erbitterte Straßenkämpfe im Süden und Westen der Stadt an der türkischen Grenze. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warnte vor einem baldigen Fall von Kobane.

Seit Beginn der Offensive des IS sind nach Angaben syrischer Beobachter mehr als 400 Menschen getötet worden. Bei den dreiwöchigen Kämpfen kamen ihnen zufolge 219 IS-Kämpfer und 163 kurdische Milizionäre der Volksschutzeinheiten ums Leben. Ferner habe der Vormarsch der Dschihadisten etwa 20 Zivilisten das Leben gekostet.

Die verzweifelte Lage der Verteidiger von Kobane löst in Deutschland zunehmend ungeduldige Solidaritätserklärungen mit den verbliebenen Bewohnern und den Verteidigern der kurdischen Enklave in Nordsyrien aus. Auch in der Linkspartei sind alarmierende Hilfsappelle zu vernehmen. Doch während beispielsweise die Europaabgeordneten der LINKEN in Erklärungen für koordinierte humanitäre Hilfe sowie Unterstützung der Flüchtlinge eintreten, geht die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Ulla Jelpke einen Schritt weiter. Sie fordert die Bundesregierung auf, Druck auf Ankara auszuüben, damit diese die türkische Unterstützung der Terrormilizen des IS einstellt. Zudem, so Jelpke, müssten »praktische Schritte erfolgen, um ein Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern«. Was genau damit gemeint ist, das zu formulieren verhindern die programmatischen Grundsätze der Linkspartei zum Thema Militäreinsätze.

Deshalb wirkt es wie ein Dammbruch, wenn nun 14 Politiker der LINKEN aus dem sogenannten Reformerflügel der Partei, unter ihnen die stellvertretenden Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch und Jan Korte sowie Parlamentsvizepräsidentin Petra Pau, in einer Erklärung einen militärischen Einsatz unter UN-Mandat fordern. Ohne dass dies deutlich ausgesprochen ist, handelt es sich hierbei um die Forderung nach einem Einsatz nach Kapitel VII der UN-Charta, bisher ein programmatisches Tabu für die Linkspartei.

Ebenfalls am Dienstag kehrten drei Bundestagsabgeordnete der Linkspartei aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet zurück. Karin Binder, Annette Groth und Sabine Leidig kritisierten den Umgang der türkischen Regierung mit kurdischen Flüchtlingen in Deutschland und kündigten an, eine Hilfsaktion für die Geflohenen ins Leben zu rufen.

In Deutschland gingen am Montag allein in Nordrhein-Westfalen laut Polizei insgesamt etwa 3000 Kurden auf die Straße. In Bonn und Düsseldorf drangen die Demonstranten in die Gebäude der Deutschen Welle bzw. des WDR ein und übergaben Resolutionen.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 8. Oktober 2014

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