70 Jahre Internationaler Währungsfonds: Immer im Sinne der Großbanken und Hedgefonds.

Ein Gespräch mit Ernst Wolff, Autor des Buches »Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs«

Interview: Peter Wolter

»Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs«
Haupteingang der Zentrale des Internationalen Währungsfonds in W
Haupteingang der Zentrale des Internationalen Währungsfonds in Washington
Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Ernst Wolff ist Autor des Buches »Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs«

Der Internationale Währungsfonds (IWF) spielt eine wichtige Rolle in der Weltpolitik – denken wir nur an den Geldbedarf der bankrotten Ukraine. Sie haben kürzlich ein Buch über diese Organisation herausgebracht – wer gibt darin den Ton an?

Einzig und allein die USA. Der IWF wurde vor 70 Jahren mit der Konferenz von Bretton Woods ins Leben gerufen – die hat dann etwas Einmaliges in der Menschheitsgeschichte gemacht: Sie hat den US-Dollar zur weltweiten Leitwährung erklärt. Und hat damit den USA die globale wirtschaftliche Dominanz gesichert. Hauptaufgabe des IWF in dieser Anfangsphase war, dafür Sorge zu tragen, dass alle Währungen an den Dollar gebunden werden.

Der IWF ist also ein politischer Hebel der USA?

Absolut. Die USA haben in den IWF-Gremien eine Sperrminorität von 16 Prozent – alle Entscheidungen müssen aber mit 85 Prozent Mehrheit getroffen werden. Das kommt einem Vetorecht gleich. Zweitgrößter Beitragszahler im IWF ist Japan, der drittgrößte ist Deutschland – beide haben aber wenig zu sagen.

Wie unabhängig ist die US-Regierung in ihren Entscheidungen?

Sie ist nichts anderes als der politische Arm der Wall Street, sie handelt im Auftrag der Großbanken und Hedgefonds.

Zurück zum Thema Ukraine: Welche Bedingungen verknüpft der IWF mit seiner Hilfe?

Der IWF hat dem Land im April einen Kredit über 17 Milliarden Dollar gewährt. Das Geld wird dafür benutzt, die diversen Gläubiger der Regierung – internationale Großbanken also – zu befriedigen und Löcher im Staatshaushalt zu stopfen.

Die Kosten dafür werden bei den arbeitenden Menschen eingetrieben. Zu den Bedingungen gehören nämlich die Erhöhung der Gaspreise um 50 Prozent, die massenhafte Entlassung von Staatsbediensteten sowie das Einfrieren des Mindestlohns. Der ist ohnehin unterirdisch niedrig – meines Wissens liegt er bei umgerechnet 45 Cent pro Stunde.

Der IWF hatte schon mehrere Kredite an die Ukraine vergeben, die eine oder andere Tranche aber nicht ausgezahlt, weil die damit verknüpften Bedingungen nicht erfüllt waren. Auch damit hat er zur Destabilisierung des Landes beigetragen.

Die Ukraine steckt in riesigen Wirtschaftsproblemen. Der IWF behauptet zwar, bei deren Überwindung helfen zu wollen, nutzt aber die verzweifelte Lage aus, um internationalen Investoren zu reichlichem Gewinn zu verhelfen. Die Kosten werden auf die arbeitenden Menschen und die Armen abgewälzt.

Gibt es auch positive Beispiele für die Arbeit des IWF?

Dazu fällt mir nichts ein. Der IWF stellt seine Hauptaufgaben immer so dar: Stabilisierung, Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung. Von Stabilisierung hat in 70 Jahren niemand etwas gesehen. Die Liberalisierung und Deregulierung haben dazu geführt, dass viele Firmen vor allem in Lateinamerika und Asien plötzlich mit Großkonzernen aus den USA und der EU konkurrieren mussten und darüber pleite gingen. Und die Privatisierung hatte die Folge, dass viele Staaten ihr Eigentum an Großinvestoren überschreiben mussten, die dann den großen Reibach machten.

Der Westen bemüht sich seit einiger Zeit, Russland in die Ecke zu drängen. Die dazugehörige Propagandakampagne wurde lange vor der Krim-Krise gestartet, nämlich zu den olympischen Winterspielen in Sotschi. Was ist das Ziel?

Seit Jahren betreibt Washington eine Politik der globalen Destabilisierung – da wurden ganze Staaten zerstört, wie wir es in Afghanistan, Libyen, im Irak und in Syrien gesehen haben. Das gleiche Spiel erleben wir jetzt in der Ukraine – Hauptgegner sind letztlich Russland und die Volksrepublik China, gegen beide wird eine sehr aggressive Kampagne geführt. Die gelegentlichen Nadelstiche gegen Nordkorea sind nichts als Drohtheater gegen China.

Das Hauptproblem der USA ist, dass sie wirtschaftlich im Niedergang sind. Sie haben ihre Realwirtschaft im Zuge der Globalisierung weitgehend ausgelagert und können sich heute nur noch auf ihr Finanzsystem und ihr Militär stützen. Das Finanzsystem aber, das wissen sie genau, steht kurz vor dem Kollaps.

https://www.jungewelt.de/2014/12-24/044.php

Ernst Wolff, »Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs«, Tectum-Verlag 2014, 234 Seiten, 17,95 Euro

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