Strategie des Hasses

Nach dem Tod des Chefs vom Inlandsgeheimdienst im Libanon, Brigadegeneral Wissam Al-Hassan, schüren Politiker im Zedernstaat Haß auf Syrien und die libanesische Hisbollah.

Syrien wird der Urheberschaft des tödlichen Anschlags im Libanon beschuldigt

Von Karin Leukefeld, Damaskus
Tausende Libanesen gaben dem getöteten Geheimdienstchef am

Tausende Libanesen gaben dem getöteten Geheimdienstchef am Sonntag in Beirut das letzte Geleit
Foto: Reuters

Al-Hassan war bei einem Bombenanschlag in Aschrafiyeh am Freitag mittag getötet worden, mit ihm starben sieben weitere Personen. Mehr als 100 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Das Attentat ereignete sich in einer schmalen Wohnstraße des Viertels im Osten Beiruts.

Nachdem der Tod des hochrangigen Geheimdienstlers bekannt geworden war, spekulierten Politiker und Kommentatoren in arabischen Nachrichtensendern über die Urheberschaft des Anschlags. Mehrheitlich wiesen sie dabei auf den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad und die libanesische Hisbollah. Die syrische Führung habe Al-Hassan auf der Todesliste gehabt, weil er für die Verhaftung des Damaskus freundlich gegenüberstehenden ehemaligen Ministers Michel Samaha im August verantwortlich war. Angeblich soll Samaha Sprengstoff aus Syrien in den Libanon geschmuggelt haben, um Unfrieden zu stiften, so die Anklage.

Der 1965 im nordlibanesischen Tripoli geborene Al-Hassan wird vom ehemaligen Sprecher der UN-Beobachtermission im südlichen Libanon (UNIFIL), Timor Göksel, als »100prozentiger« Hariri-Mann beschrieben. Als aufstrebender Geheimdienstler war Al-Hassan für die Sicherheit des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri zuständig, der 2005 bei einem Anschlag getötet wurde. Kurzzeitig wurde Al-Hassan von den danach eingesetzten UN-Ermittlern verdächtigt, selber in den Anschlag verwickelt gewesen zu sein, da sich sein Alibi als unglaubwürdig erwies. Die Ermittlungen in diese Richtungen wurden nicht weiter verfolgt. Unter Ministerpräsident Saad Hariri, dem Sohn von Rafik Hariri, baute Al-Hassan den Inlandsgeheimdienst im Libanon auf, dabei arbeitete er eng mit westlichen Geheimdiensten zusammen.

Hariri, der sich meist in Paris oder Riad aufhält, machte Präsident Assad persönlich für die Tat verantwortlich und rief zu einem landesweiten »Tag des Zorns« auf. Ähnlich äußerte sich auch Drusenführer Walid Dschumblat. Bisher hat keine Gruppe die Verantwortung für den Anschlag übernommen. Der syrische Informationsminister Oumram Al-Zoubi verurteilte den Anschlag scharf. Hisbollahführer Hassan Nasrallah forderte eine umfassende Aufklärung und mahnte die Libanesen zur Geschlossenheit.

Anhänger der Bewegung des 14. März, der Zukunftspartei von Saad Hariri und seinem politischen Lager gingen im ganzen Land auf die Straße und protestierten gegen Syrien und die Hisbollah. Ministerpräsident Najib Mikati, der die Unterstützung der Hisbollah genießt, bot seinen Rücktritt an. Präsident Michel Sleiman lehnte das ab.

Nach einer Trauerfeier für die Opfer des tödlichen Anschlags in Beirut ist es in der libanesischen Hauptstadt zu Ausschreitungen gekommen. Mit Tränengas und Warnschüssen versuchten Soldaten am Sonntag, Hunderte aufgebrachte Demonstranten an der Erstürmung des libanesischen Regierungssitzes zu hindern.

http://www.jungewelt.de/2012/10-22/053.php

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