Brief an den ORF von Paula Abrams-Hourani/Frauen in Schwarz

Es war lobenswert, dass die österreichischen Nachrichten über den Mord an tausenden französischen Juden durch das Nazi Regime vor 75 Jahren berichtet haben, und über die Veranstaltungen, die in Frankreich am Sonntag stattgefunden haben. Österreich war ja  an der Vertreibung und Tötung von Millionen von Juden in den Jahren von 1938 – 1945 maßgeblich beteiligt – ein Verbrechen das nicht vergessen werden kann noch soll. Leider haben…

 

Subject: Berichterstattung, Nachrichten, Sonntag, 8 Uhr, Ö1
To: kundendienst@orf.at

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Redaktion,

Es war lobenswert, dass die österreichischen Nachrichten über den Mord an tausenden französischen Juden durch das Nazi Regime vor 75 Jahren berichtet haben, und über die Veranstaltungen, die in Frankreich am Sonntag stattgefunden haben.  Österreich war ja  an der Vertreibung und Tötung von Millionen von Juden in den Jahren von 1938 – 1945 maßgeblich beteiligt – ein Verbrechen das nicht vergessen werden kann noch soll.

Leider haben sich die Franzosen nie offiziell für die 1.5 Millionen Opfer der algerischen Besatzung noch für die ca. 45.000 Algerier die gleich nach dem Ende des Nazi Regimes getötet wurden entschuldigt, nachdem ihre Unabhängigkeit von Frankreich versprochen wurde.

Ich war schockiert am Abend im Fernsehen die Umarmung Binyamin Netanyahus mit dem „progressiven“ neuen Präsidenten Frankreichs Macron sehen zu müssen.

​Eigentlich ist es ein Hohn für den Holocaust und seine Opfer, dass Netanyahu ihn derart politisiert, wenn man  weiss, wie schlecht Israel seine Holocaust Opfer behandelt. (Siehe Link zu Haaretz und Telegraph Artikel über Holocaust Opfer in Israel, die unter der Armutsgrenze leben).

http://www.haaretz.com/jewish/holocaust-

http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/israel/12122754/Tens-of-thousands-of-Israeli-Holocaust-survivors-are-living-in-abject-poverty.htmlrennmembrane-day/.premium-1.651572

Netanyahu, ist für die mörderische Politik seines Landes, und den Tod von zahllosen Palästinensern verantwortlich.  Wir erleben jetzt die tödliche 10jährige Abriegelung des Gaza-Streifens, die Kollektivbestrafung von 2,000,000 Menschen (darunter ca. 900,000 Kinder und Jugendliche), die zum großen Teil  entweder selber 1948 von Palästina durch die Gründung Israels nach Gaza flüchten mussten oder deren Nachkommen.  Das sind Menschen, die ein Recht hätten nach UNO Resolution 194 in ihr Heimatland zurückzukehren.  Durch diese unmenschliche Abriegelung können – nach neuesten Berichten von „Ärzte für Menschenrechte in Israel“ –  270 Artikel von notwendiger medizinischer Ausrüstung für Behandlungen, ein Drittel aller notwendigen Medikamente, nicht in den Gaza Streifen gelangen.  Zehntausende Patienten sind davon betroffen.  Besonders Leidtragende sind Krebspatienten, Dialysepatienten, Patienten mit Cystis fibrosis, Frühgeborene, Säuglinge mit Entwicklungsproblemen.  Operationen sind wegen der neuesten drastischen Stromkürzungen unmöglich.

Im Moment hat Israel den Strom im Gaza Streifen auf 2 Stunden pro Tag gekürzt.   Diese Nachrichten bringt Ö1 leider nicht. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was das für die Bevölkerung Gazas bedeutet.  Wir hören schon von zahllosen Selbstmorden. Scheinbar ist dies für den ORF nicht der Rede wert.

Daniel Barenboim hat am 7. Juni d.J. einen Artikel in der israelischen Zeitung Haaretz veröffentlicht, in dem er u.a. schrieb: „…Europa, dessen Antisemitismus zum Holocaust führte, hat eine moralische und historische Verantwortung auch den Palästinensern gegenüber, welche immer noch unter den Konsequenzen leiden…“ 

DIESE Verantwortung hat der ORF bis heute nicht erfüllt, was für die Zukunft und zukünftige Generationen von Österreichern wieder zu einer großen historischen Last führen wird.

Freie Berichterstattung heißt nicht, auszuwählen von welchen Orten der Erde und Ereignissen die Zuhörer erfahren sollen, sondern alles und der Wahrheit gerecht zu berichten.

Ö1 wäre doch  d e r  Sender, der dafür die geeigneten, kompetenten Mitarbeiter  und Kapazitäten hat. Wie lange sollen kritische, bewusste Hörer noch enttäuscht werden?

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Paula Abrams-Hourani

Mitglied, European Jews for a Just Peace

Mitglied, Frauen in Schwarz (Wien)

 

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