Israel fürchtet Boykottbewegung
Leserbrief von Franz Sölkner an die Kleine Zeitung anlässlich der BDS-Diffamierung
Israels rechtsextreme Regierungen sind seit einigen Jahren international propagandistisch sehr aktiv. Die harte Unterdrückung des palästinensischen Volkes soll tabuisiert und Israel als „normaler, mit uns befreundeter Staat“ schöngeredet werden. Berechtigte Kritik an ethnonationalistischen, apartheidsförmigen und kolonialistischen Elementen der israelischen Politik wird als „antisemitisch“ diffamiert. Zahlreichen jüdische KritikerInnen dieser Politik werden unter dem Verdacht des „Selbsthasses“ pathologisiert.
Auch den unkritischen Freunden Israels hierzulande ist die auf gewaltfreien Widerstand setzende BDS-Bewegung ein besonderes Ärgernis. Wie vor 40 Jahren die schließlich erfolgreiche Anti-Apartheidsbewegung gegen das weiße Rassistenregime in Südafrika fordert sie die internationale Öffentlichkeit auf, mitzuhelfen, Israel durch Mitteln des Boykotts, des Desinvestments und mit Sanktionen von seiner völkerrechtswidrigen Siedlungs- und 50-jährigen harten Besatzungspolitik abzubringen.
Aus Angst vor einem Imageschaden gehen unsere SpitzenpolitikerInnen vor dem zionistischen Druck reihenweise in die Knie, schweigen oder betätigen sich als Schildknappen der israelischen Politik. Angesichts ihrer braunen Wurzeln und häufiger aktuell-antisemitischer Rülpser versucht die FPÖ-Führung geradezu krampfhaft sich ein israelfreundliches Mäntelchen umzuhängen. Zur wechselseitigen Wahlhilfe „pilgert“ Sebastian Kurz – wie schon 2018 – auch heuer wieder zu Benjamin Netanyahu. Nicht besser die SPÖ: Ex-BK Christian Kern verfolgt in Israel persönliche wirtschaftliche Interessen, die nunmehrige Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Bundesgeschäftsführer Drozda sind deutlich prozionistisch orientiert. Ebenso die Parteiführungen der Grünen und der Neos.
Das Wissen über die Geschichte dieses Konflikts ist gering und von den vorherrschenden zionistischen Geschichtsmythen geprägt. Anstatt sich schlau zu machen, pflegt man unter Berufung auf „unsere Verantwortung aus dem Holocaust“ eine moralisierenden proisraelischen Dogmatismus. Stephane Hessel und Veronique de Keyser – zwei Menschen mit jüdischem Hintergrund – haben die politische Konsequenz dieses ethischen und intellektuellen Mangels mit dem Buchtitel „Palästina: Das Versagen Europas“ treffend zum Ausdruck gebracht.
Unter dieser zynischen machtpolitischen Orientierung am Recht des Stärkeren begraben, werden die Gerechtigkeits- und Freiheitshoffnungen eines kleinen Volkes, das Völkerrecht und die Hilferufe jüdischer Friedens- und Menschenrechtsgruppen in Israel selbst.
Wer BDS als „antisemitisch“ verleumdet oder gar in die Nähe des Terrors rückt, will ganz offensichtlich den Unterdrückten ein nicht gewaltförmiges politisches Instrument aus der Hand schlagen. Er hilft mit, das palästinensische Volk weiter in eine hoffnungslose Verzweiflung und – absehbar – weiter in die Gewalt zu treiben. Selbstgerecht kann man dann ja wieder auf die „bösen PalästinenserInnen“ zeigen. Sollte der Zionist Elie Rosen daran ein Interesse haben, so möge er es sagen. Ein nicht ideologisierter Blick auf die Geschichte und die aktuelle Lage zwischen Mittelmeer und Jordan legt jedenfalls eine andere Haltung nahe.
Franz Sölkner
Anmerkung: Uns ist keine Veröffentlichung dieses Leserbriefes und/oder anderer ähnlich kritischer Stellungnahmen, bekannt.
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